Es ist in dieser Zeit ein relativ häufig auftretendes Problem:
In der Familie des Unternehmers, insbesondere unter den eigenen Kindern, ist kein geeigneter oder interessierter Unternehmensnachfolger vorhanden. Mit zunehmendem Alter des Betriebsinhabers übernimmt eine familienfremde Person nach und nach die Lenkung der Geschicke des Unternehmens und nicht gerade selten entwickelt sich dabei zwischen dem Unternehmer und der das Vertrauen des Unternehmers genießenden familienfremden Person eine nicht nur geschäftliche, sondern auch eine enge persönliche Beziehung, die der zu eigenen Kindern vergleichbar ist.
Generalvollmachten und selbst Vorsorgevollmachten werden nicht den eigenen Kindern, sondern dem „engen Vertrauten“ erteilt. Der Unternehmer wünscht zudem den Fortbestand seines Lebenswerkes. Es wird nach – auch – steuerlich optimierten Lösungen im Rahmen der Betriebsnachfolge gesucht. Angesichts täglichen Zusammenarbeitens und eines auf über viele Jahre gewachsenen Vertrauensverhältnisses ist es der Wunsch des Unternehmers, die Fortführung durch seinen Vertrauten zu gewährleisten, auch wenn damit der Familienkreis verlassen wird.
In einer solchen Konstellation ist eine Erwachsenenadoption in Erwägung zu ziehen, selbst wenn der Altersabstand erheblich ist.
Allerdings reduziert eine solche Adoption zwangsläufig die erbrechtlichen Ansprüche der eigenen Kinder. Aus diesem Grund ist eine solche Adoption nicht ohne Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen möglich.
Diese Problematik war auch Gegenstand einer Entscheidung des OLG Schleswig-Holstein aus September 2019. Das Gericht hebt hervor: Das familienbezogene Motiv muss der entscheidende Anstoß sein. Dies kann bei einem jahrelang tätigen Geschäftsführer, mit dem eine enge Verbundenheit besteht, angenommen werden. Die Annahme als Kind ist sittlich gerechtfertigt, wenn der Wunsch verfolgt wird, die Fortführung des unternehmerischen Lebenswerkes zu gewährleisten.
Unschädlich sind dabei verfolgte Nebenzwecke wie etwa eine Steuerersparnis oder die Verringerung des Pflichtteils des leiblichen Kindes. Auch ein Altersabstand von 50 Jahren ist nicht unüblich, zumal es nach Auffassung des OLG nicht unüblich ist, dass Männer im Alter von 50 Jahren und älter noch Väter werden.
Auch ein intaktes Familienverhältnis des Anzunehmenden zu den eigenen Verwandten spricht nicht gegen eine Volljährigenadoption, weil die Erwachsenenadoption eben nicht zum rechtlichen Ausscheiden des Anzunehmenden aus dem eigenen Familienkreis führt (§ 1770 BGB).
Überwiegende Interessen der leiblichen Kinder können der Annahme eines Volljährigen als Kind zwar entgegenstehen. Das leibliche Kind wird jedoch nicht verstoßen und behält auf jeden Fall den Pflichtteil. Abzuwägen ist nach den Ausführungen des Oberlandesgerichtes das Interesse des leiblichen Kindes mit dem bedeutenden Interesse des Unternehmers an der Fortführung seines Lebenswerkes und der Berücksichtigung der rechtlichen Gestaltung der engen Bindungen zwischen Annehmenden und Anzunehmenden.
Der Weg über die Erwachsenenadoption ist demnach selbst bei Reduzierung erbrechtlicher Ansprüche der leiblichen Kinder ein geeigneter Weg zur Sicherung der Unternehmensnachfolge mit angenehmen steuerlichen Folgen.
Sofern Sie eine entsprechende Unternehmensnachfolge planen, stehen wir für Beratung, Ausgestaltung der Adoptionsurkunde und Begleitung des Adoptionsverfahrens zur Vefügung. Eine Volljährigenadoption führt zu einer signifikanten Erhöhung des erbschaftssteuerlichen Freibetrages von 20.000,00 EUR des Familienfremden zu 400.000,00 EUR des Adoptierten. Bei Berechnung von Pflichtteilsansprüchen weichender Erben ist der/die Adoptierte als weiterer Pflichtteilsberechtigte/r zu berücksichtigen und verschiebt so die Quote der übrigen Erben. Zum Beispiel bei einem eigenen Kind von 50% auf 25%, bei zwei eigenen Kindern von je 1/4 auf je 1/6. Möglicherweise kann die Nachfolge insoweit auch noch einvernehmlich geregelt werden, z.B. durch Pflichtteilsverzichte der weichenden Erben.
OLG Schleswig-Holstein, 18.09.2019 – 8 UF 102/19
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